Ein weiterer Herpes-Fall

Neben drei toten Tieren in Ditzingen gibt es ein weiteres auf der Domäne Ammerhof

Nachdem Anfang der Woche in Ditzingen drei Pferde an Pferdeherpes verstarben, haben mittlerweile sämtliche Reitställe Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. In Tübingen ist ein weiterer Fall eines erkrankten und gestorbenen Tieres bekannt geworden: in einer Pferdeklinik.

„Wir haben bei uns in der Klinik einen Verdachtsfall und ein Pferd ist auch gestorben“, berichtet Bernd Biesinger (Tübingen), Chef der Domäne Ammerhof.

Seit neun Tagen ginge kein Vierbeiner raus und auch keiner hinein. Aufgrund der tierärztlichen Schweigepflicht dürfe Biesinger den Namen des Besitzers oder Reiters des verstorbenen Tieres nicht benennen. „Ein bekannteres Turnierpferd“, verrät der Tiermediziner, der 1986 die Pferdeklinik und Kleintierpraxis Domäne Ammerhof vor den Toren Tübingens gründete.

Biesinger hofft, dass das Schlimmste überstanden ist. „Wir haben das mit dem Pferdegesundheitsdienst schon abgesprochen und ich denke, dass wir Mitte nächster Woche die Klinik wieder öffnen können.“

Im Turnierstall von Kurt Maier musste unterdessen vorgestern ein Pferd von Dr. Karl Grieshaber (ebenfalls Domäne Ammerhof) eingeschläfert werden. „Das Pferd“, schildert Bernd Biesinger, „konnte auf einem Bein nicht mehr stehen und ist wahrscheinlich innerlich verblutet.“

Ein Pferdeherpes-Test wurde zwar durchgeführt, die Experten schließen diese Erkrankung aber aus. „Wir haben ansonsten auch glücklicherweise keine fiebrigen oder kranken Pferde in unseren Boxen“, betont Aischbach-Stallchef Kurt Maier erleichtert.

Auch anderswo scheint der in ungefähr 80 Prozent aller Pferdekörper in der Regel ruhig schlummernde Herpesvirus nicht ausgebrochen zu sein. Deshalb werden nach dem gestrigen Stand der Dinge auch sämtliche für das Wochenende geplanten Veranstaltungen mit Pferden im Gäu stattfinden. Beispielsweise der am Samstag um 18 Uhr auf dem Gärtringer Marktplatz eintreffende Fackelritt. Eebenso das Weihnachtsreiten beim Reit- und Fahrverein Herrenberg oder das traditionsreiche Erwin-Pape-Springen am Samstag und Sonntag auf der Anlage von Fritz Pape in Sindlingen.

Nur Springreiter, darunter Geheimfavorit Janko Nickel (PS Hohe Eichen Gärtringen), deren Pferde in einem der benachbarten Ställe stünden, die aus Vorsicht geschlossen wurden, könnten leider nicht teilnehmen. Fremdpferde kommen nämlich auch bei Vielseitigkeitslandestrainer Pape derzeit nicht auf den Hof. Pape bleibt dennoch gelassen. „Die Ansteckungsgefahr von Pferd zu Pferd“, glaubt er, „ist relativ gering.“

In Anbetracht der bereits vier an Pferdeherpes verstorbenen Pferde in der Region möchte sich momentan aber offensichtlich kein Stallbetreiber Fahrlässigkeit vorwerfen lassen.

„Ich habe drei tragende Stuten im Stall, die sind besonders anfällig und unsere Sportpferde gehen augenblicklich nur an der Führmaschine“, berichtet Frieder Dietterle, S-Springreiter von der TV Reitgemeinschaft Gültstein.

Sowohl bei Frieder Dietterle oder auch beim Jettinger Markus Roll auf dem Lindenhof, überall gesunde und muntere Pferde. „Bei uns im Stall ist gar nichts“, berichtet Turnier reiterin Eva-Maria Lühr aus Gärtringen. Als Info habe ihr Vater, Hohe-Eichen-Chef Heinz Hauke, eine vom Pferdesportkreis Böblingen erhaltene E-Mail ausgedruckt und in der Reithalle ausgehängt.

Rund um Gärtringen sei ebenfalls kein Verdachtsfall bekannt. Daher nehmen die Hohe-Eichen-Reiter wohl auch wie geplant am Samstag am Gärtringer Fackelritt teil. „Der Fackelritt samt Kutschen und Pferden findet definitiv statt“, betont Eberhard Schäfer (Deckenpfronn),

Vierspänner-Routinier und Vereinschef von der organisierenden Fahrsportgruppe Gärtringen. Unterdessen sagten Eva-Maria Lühr und ihr Vater Heinz Hauke gestern Nachmittag einen Reiterabzeichen-Lehrgang und das für Anfang des kommenden Jahres geplante traditionelle Dreikönigsspringen auf der Gärtringer Anlage vorsorglich ab. „Da wären dann doch zu viele Reiter und Pferde aus fremden Ställen zu uns gekommen“, begründet die 29-jährige S-Klassereiterin.

Offensichtlich bricht die aggressivste von vier Pferdeherpes-Varianten (EHV IV) immer dann in vereinzelten Ställen aus, wenn sich in den Wintermonaten das Wetter verschlechtert.

 

Wie groß aber ist tatsächlich die Ansteckungsgefahr?

Die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg schreibt dazu auf ihrer Internetseite: „Der Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion mit Nasensekret über die Nase. Dies geschieht nach der Reaktivierung der Viren (nach Stresseinwirkung) und erneuter Virenvermehrung im Gesamtorganismus, das heißt das hustende Pferd überträgt die Viren an die Tiere in seiner Umgebung.“

Markus Roll, der 43 Jahre alte Jettinger ist auch Vorsitzender des Pferdezuchtvereins Herrenberg, bemängelt, dass viele Turnierpferde gar keine richtige Winterpause mehr hätten. „Mittlerweile“, sagt er, „sind bis November Turniere und im Januar geht es häufig schon wieder los, vielleicht können sich deshalb wie früher manche Pferde ihre Akkus einfach nicht mehr aufladen.“

Quelle am 16.12.2010

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