Politiker heben Stacheldraht-Verbot für Pferdeweiden auf

Der Nationalrat erlaubt die Einzäunung von Pferdeweiden mit Stacheldraht wieder. Der Schweizerische Tierschutzverband ist darüber empört.
Pferde dürfen künftig wieder mit Stacheldraht am Weglaufen gehindert werden.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann appellierte noch einmal an das Mitgefühl der Nationalräte. Damit wollte er verhindern, dass diese das Stacheldraht-Verbot auf Rossweiden aufheben. «Tierärzte begegnen gerade in der Juraregion mit ihren weitläufigen Weiden immer wieder Pferden mit tiefen und schweren Verletzungen, die von Stacheldrähten verursacht wurden», erzählte er vor dem Rat. Der Appell verhallte ungehört: Deutlich, mit 109 zu 45 Stimmen, kippte der Nationalrat heute das Stacheldraht-Verbot wieder aus dem Gesetz. Hinter dem Vorstoss steht der Neuenburger FDP-Nationalrat Laurent Favre. Favre ist Direktor der Landwirtschaftskammer in Neuenburg.

Kühe ohne Schutz
Der Bundesrat hatte das Verbot im Rahmen der Tierschutzverordnung 2008 erlassen. Allerdings beschränkte er es aus Rücksicht auf die Bauern auf Rösser, weil diese «ein gesteigertes Fluchtverhalten zeigen» würden. Auf Kuhweiden etwa war Stacheldraht nie verboten. Der Bundesrat begründet das mit physiologischen Unterschieden: «Die Verletzungsgefahr für Pferde ist aufgrund der Beschaffenheit ihrer Haut grösser als beim Rindvieh, und Beinverletzungen sind häufig mit schweren Gelenksinfektionen verbunden.»

Elektrozaun «zu teuer»
Bauernvertreter Favre lässt das nicht gelten. «Nur Stacheldraht ermöglicht eine sichere Haltung der Tiere», behauptet er. Die Kosten für Elektrozäune als Alternative zum gefährlichen Draht seien zu teuer.
Für den Schweizer Tierschutzverband STS, der Stacheldrahtumzäunungen seit Jahren bekämpft, ist diese Argumentation schlicht eine «Sauerei». «Ich kann den Entscheid des Nationalrats nicht nachvollziehen, Stacheldraht ist sackbrutal», sagt Geschäftsführer Hansuli Huber. Er hofft nun auf den Ständerat, der Favres Motion noch behandeln muss.

Mangelhafte Verordnung
Den ersten Fehler habe aber der Bundesrat begangen, indem er eine Sonderreglung für Rösser erlassen habe. So habe er die Tierschutzverordnung angreifbar gemacht. «Ist denn eine Kuh weniger wert als ein Ross?», fragt Huber. Auch für Wildtiere könne der Stacheldraht zur tödlichen Gefahr werden, sagt er und präsentiert eine Reihe von Bilder von Tieren, die sich im Zaun verfangen haben.
Den besten Schutz böten laut Huber Elektrozäune und ein durch und durch natürliches Mittel, das Weidetiere am Ausbruch hindert: «Wenn das Gras genug hoch steht, bleiben die Tiere von alleine auf der Weide.»
Für die Bauernlobby im Parlament war der Entscheid Abschluss eines aus ihrer Sicht höchsterfreulichen Tages: Die Landwirte erhalten für die Jahre 2012 bis 2013 total 6,85 Milliarden Franken Subventionen. Dazu gibt es, auch das ein Geschenk des Nationalrats, wieder Unterstützungsbeiträge für den Viehexport.

Quelle am 15.4.2011

Siehe auch: Pferd stirbt wegen Stacheldraht , Die Stacheldraht-Falle , Kein Gesetz gegen Stacheldraht ?

6 Antworten auf „Politiker heben Stacheldraht-Verbot für Pferdeweiden auf

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  1. Das ist wirklich eine Schweinerei. Stacheldraht für Pferde? Wenn man sich keine vernüftige artgerechte Haltung leisten kann, kann man eben auch keine Pferde halten. Außerdem sind Pferde nicht die einzigen, die sich am Stacheldraht verletzen. Oftmals verletzen sich Kinder, die die Pferde füttern wollen oder einfach nur dort spielen möchten.

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  2. Kinder haben weder fremde Pferde zu füttern noch an oder auf einer Weide zu spielen! Alles Andere kann zur Anzeige gebracht werden und wird es auch – zurecht – von einigen Pferdebesitzern.

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  3. ich denke da sind meist einfach die eltern schuld. man sollte seine kinder doch schon so weit im griff haben.

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  4. Pingback: Fragen des Alltags... - Seite 56

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